Frage eines Mitgliedes einer großen Krankenkasse an den Bundesdatenschutzbeauftragten
Elektronische Gesundheitskarte: Kritischer Kurzfilm zeigt Medizin in Zeiten des Cyberspace

So funktioniert der Zugang zur Telematikinfrastruktur praktisch!

Die „Heidelberger Erklärung“ zur Telematik in der Psychotherapie
hat der Kollege Norbert Schrauth erstellt:
Heidelberger Erklärung
1. Psychotherapeutischen und psychiatrische Patientendaten gehören zu den sensibelsten und oft auch schambesetztesten Gesundheitsdaten, die es gibt. Sie genießen wie alle derartigen persönlichen Informationen den besonderen Schutz des § 203 Strafgesetzbuch (Schweigepflicht).
2. Keine internetbasierte Datenverarbeitung ist auf Dauer sicher. Praktisch jede Serverlösung mit Internetkontakt wurde schon mal gehackt. Der Bundestags- und Regierungshack und der bei Bayer sind nur die jüngsten Beispiele. Auch Amerikanische und Schweizer Banken und das Pentagon erlebten grosse Datendiebstähle und Sicherheitslecks, obwohl diese z. T. dreistellige Millionenbeträge für Datensicherheit ausgeben.
Anfang 2018 wurden 3 Millionen norwegische Patientenakten gehackt (60% aller Norweger). In den USA wurden in den Jahren 2014-17 insgesamt ca. 120 Millionen Patientenakten (>1/3 aller Amerikaner) gehackt und in Dänemark, das als Telematik- Vorreiter gilt, wurden schon im Jahr 2005 CD´s mit fast alle dänischen Patientenakten „aus Versehen“ an die chinesische Botschaft (Visumstelle) in Koperhagen geschickt.
3. Auch auf Verschlüsselungen ist kein Verlass: Die sichersten Verschlüsselungen von vor 20 Jahren sind heute aufgrund der enormen Steigerung der Rechnerkapazitäten nur noch Anfängerübungen für Hacker. Warum sollte das mit den heutigen Verschlüsselungen anders sein?
4. Gesundheitsdaten haben zudem eine sehr lange Halbwertszeit: Wenn heute die Daten von Kinder- und Jugendpsychotherapeuten und -psychiatern gestohlen würden, dann wären diese mindestens bis zum Ende des Berufslebens der Betroffenen relevant, also mehr als 60 Jahre, in etlichen Fällen noch für die Kinder und Enkel der Betroffenen („familiäre Häufung“, Genetik und Epigenetik) Ein ähnlich Gefahrenpotential haben wir bei jungen Erwachsenen.
5. Ähnlich wie bei Radioaktivität sind einmal entwichene Daten, im Darknet mehrfach gespiegelt, für immer unlöschbar draußen und damit für interessierte Kreise erhältlich.
6. Es wird immer Versicherungsgesellschaften, Arbeitgeber, politische Gegner etc. geben, die solche Daten gegen die Betroffenen ausnutzen werden. Und das werden schon aus Konkurrenzgründen keine Einzelfälle bleiben.
7. Deshalb dürfen Gesundheitsdaten incl. elektronischer Patientenakte in Mengen (Praxis-, Krankenhaus-, KV- und Krankenkassenserver) nicht ans Internet. Sie gehören in die Hand der Patienten, ihrer Psychotherapeuten und Hausärzte. Einzelversand kann in dringenden Fällen mit sicherer Übertragungstechnologie sinnvoll bis lebensrettend sein.
8. Die derzeit konzipierte Telematik-Infrastruktur gefährdet jedoch in unverantwortbarer Weise die Gesundheitsdaten von über 70 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland, und durch Nachahmungseffekte auch die vieler Privatversicherter.
Interessanterweise sind die Beihilfestellen, die Krankenkassen der Beamten, (einschließlich derer, die die Gesetzentwürfe schreiben), von dieser Planung komplett ausgenommen und verarbeiten ihre Gesundheitsdaten weiterhin internetfrei auf Papier.
9. Das Handwerk der Psychotherapie, ja der sprechenden Medizin insgesamt, wird sehr schwer bis unmöglich, wenn die Patienten befürchten müssen, dass ihr Intimstes, das sie uns anvertrauen wollen, irgendwann im Internet nachlesbar sei könnte.
10. Deshalb fordern wir: Keine Serverlösungen mit Internetkontakt für persönliche Gesundheitsdaten. Keine Gesundheitsdaten auf heutigen Smartphones.
Schon bestehende Server mit Gesundheitsdaten müssen vom Internet getrennt werden.
Dr. N. Schrauth für das Tiefenpsychologische Institut Baden e.V.
Brauchen wir erst ein Gesundheitsdaten- Tschrnobyl oder Fukushima, ehe wir einsehen, dass es kein sicheres Internet gibt?
Und speziell für Institute und alle Kollegen die Weiterbilden:
Wollen wir unsere jungen Kollegen in ein Situation hineinsozialisieren, in der es praktisch kaum noch eine Schweigepflicht gibt?
Download unter: https://www.kollegennetzwerk-psychotherapie.de/Dateien/Heidelberger_Erklaerung.pdf